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April 1953 - Teil 2

Am 28. April schließlich bezeichnet das Innenministerium die Junge Gemeinde in einer öffentlichen Erklärung als "illegale Organisation". Wörtlich heisst es darin: "Eine Feststellung im Ministerium des Innern hat ergeben, dass die Junge Gemeinde niemals erlaubt wurde und nach den Enthüllungen über die feindliche Tätigkeit dieser illegalen Organisation auch niemals erlaubt werden kann." Gleiches gilt auch für die Evangelische Studentengemeinde. Verweise von Schulen und Universitäten sind die unmittelbare Folge. Die Zahl der Pfarrer, die aufgrund "staatsfeindlicher Hetze" verhaftet wird, steigt an.

Erklärung des DDR-Innenministeriums (MdI) zur Jungen Gemeinde, 28.4.1953

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Aus einer Rede Otto Grotewohls vor Thälmann-Pionieren über den Kirchenkampf, 25.4.1953 (DDR-Rundfunk)

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Über das Verbot der Jungen Gemeinde und den Kampf gegen die Kirche notiert Dieter Müller, damals Abiturient in Halle an der Saale, in seinem Tagebuch: "Unsere Regierung kann keinen dulden, der die Wahrheit sagt."

Zeitzeugen-Bericht: Tagebuchauszüge von Dieter Müller aus dem Frühjahr 1953

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Um die Versorgungskrise, besonders den Mangel an Lebensmitteln, in den Griff zu bekommen, beschließt der DDR-Ministerrat am 9. April 1953 Neuregelungen für die Lebensmittelkartenversorgung.

Folgenden Bevölkerungsgruppen werden ab dem 1. Mai 1953 die Lebensmittelkarten entzogen: Privaten Unternehmern (Besitzern, Mitbesitzern, Aktionäre oder Pächtern), Handwerkern mit mehr als fünf Beschäftigten, freiberuflichen Rechtsanwälten, Handelsvertretern privater Unternehmen, Einzel- und Großhändlern, Gaststättenbesitzern, Eigentümern von "devastierten" (d.h. verwüsteten) Landwirtschaftsbetrieben, Haus- und Grundstücksmaklern sowie vom Mietzins lebenden Hausbesitzern und allen im Westen arbeitenden DDR-Bürgern ("Grenzgängern"). Dieser Personenkreis - etwa ein Zehntel der Bevölkerung - hat ab diesem Zeitpunkt kaum noch legale Einkaufsmöglichkeiten, denn viele Grundnahrungsmittel sind in der DDR nur gegen Lebensmittelkarten oder zu überhöhten Preisen in den HO-Läden erhältlich.

Am gleichen Tag werden mit der "Verordnung zur Aufhebung der Rationierung von Textilien und Schuhen" als "Preisregulierungen" bezeichnete Preiserhöhungen bekannt gegeben.

Weitere Preiserhöhungen für Fleisch, Fleischwaren und für zuckerhaltige Erzeugnisse (Kunsthonig und Marmelade) folgen am 16. April. Die DDR-Medien stellen die Preiserhöhungen als Verbesserung des Lebenstandards dar. Tatsächlich wächst der Unmut der Bevölkerung, der sich bereits am Wegfall der Vergünstigungen für die der Arbeiterrückfahrkarten entzündet hat.

Vor diesem Hintergrund empfinden große Teile der Arbeiterschaft die permanente Propagierung von freiwilligen Normerhöhungen durch SED und FDGB als blanken Hohn. Aus den Stimmungsberichten der SED, die landesweit erstellt werden, geht hervor, das die Aufrufe für Normenerhöhungen auf Protest und Widerstand stossen. Aus Rathenow (Bezirk Potsdam) etwa meldet die örtliche SED-Leitung folgende Äusserung an die Spitze weiter: "Wir haben keine Demokratie, sagt jemand ein Wort, landet er in Sibirien. In keinem kapitalistischen Land wären solche Maßnahmen der Regierung möglich, da gäbe es Streiks und Aufruhr." Aus zahlreichen Betrieben werden "Hetzlosungen" gegen die Normenerhöhungen gemeldet.

Stimmen zum Ministerratsbeschluss zur Verbesserung der Lebenshaltung der Werktätigen der DDR, 10.4.1953 (DDR-Rundfunk)

Mp3-File O-Ton (mp3) - Teil 1
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